Wie dank eines Stück Zahns das Sehvermögen wiederhergestellt werden kann
Wieder Sehen können dank eines Stückchens Zahns im Auge? Was so unglaublich klingt, ist inzwischen dank Osteo-Odonto Keratoprothesen – zu Deutsch Zahn-Knochen-Prothese – schon möglich. Zum Glück, denn für viele der Patienten mit schweren Hornhauterkrankungen ist dies die letzte Möglichkeit, ihr Augenlicht wiederherzustellen. Bei der Osteo-Odonto-Keraprothese wird die fehlende oder stark geschädigte Hornhaut durch eine Optik aus einem Plexiglaszylinder, die durch ein Implantat aus dem eigenen Zahn und Knochenmaterial in der Hornhaut gehalten wird, ersetzt.
Hornhauttransplantationen, um wieder klar sehen zu können
Die Hornhaut, unser „Fenster zur Welt“, ist die äußerste Begrenzung unserer Augen. Sie ist der dünne, glasklare, gewölbte Teil der äusseren Augenhaut und ist für einen großen Teil (+43dpt) der Lichtbrechung zu Bildfokussierung verantwortlich. Jede Schädigung durch Hornhautverletzungen oder Trübungen der Hornhaut würde unser Sehvermögen reduzieren.
In der Regel wird bei Hornhautverletzungen und Trübungen eine neue Hornhaut verpflanzt. Bei der Keratoplastik (Hornhauttransplantation) wird die zu transplantierende Hornhaut von einem Organspender verwendet. Während des Eingriffs wird eine kreisrunde Fläche der Hornhaut des Patienten aufgeschnitten und die zu transplantierende Hornhaut eingesetzt. Anschließend wird sie vernäht. Wichtig ist, dass das neue Material ein „biologischer“ Stoff ist, denn nicht-biologische Materialien wie Glas oder Plastik würden sich nicht mit dem Körpergewebe verbinden und wieder abgestoßen werden.
In einigen wenigen Fällen sind diese Hornhauttransplantationen jedoch nicht möglich oder sie sind zumindest nicht erfolgsversprechend. Dzu gehören zum Beispiel Patienten, bei denen Verätzungen oder Verbrennungen des Auges vorliegen oder bei denen aufgrund schwerer Entzündungen, die Benetzung der Hornhaut durch die eigene Tränenflüssigkeit nicht gewährleistet ist. In diesen Fällen entscheidet man sich für das Einsetzen einer künstlichen Hornhaut mittels der Keratoprothese.
Vom Zahn ins Auge – die “andere” Hornhautverpflanzung
„Die Osteo-Odonto-Keraprothese ist bei schweren Hornhauterkrankungen, die durch eine klassisch Transplantation nicht mehr behandelt werden können, die letzte, aber vielversprechendste Möglichkeit, Patienten ihr Sehvermögen zurückzugeben.,“ so Prof. h. c. Dr. Konrad Hille, Chefarzt der Augenklinik am Ortenau Klinikum Offenburg-Gengenbach, einer der wenigen Kliniken in denen diese komplexe Operationsmethode angewendet wird.
Für diese seltene und komplexe Operation wird dem Patienten vorab ein Zahn zusammen mit einer Zahnwurzel entnommen. Dieser Zahn wird der Länge nach halbiert und so durchbohrt, dass in das Bohrloch ein optischer Zylinder aus Plexiglas festgeklebt werden kann. Der Vorteil ist: Der optische Zylinder, die Keratoprothese, ist zwar eine Art „künstliche“ Hornhaut, jedoch ist er mit körpereigenem Gewebe ummantelt, mit dem er in der Hornhaut fixiert wird. Wenn Patienten keine geeigneten Zähne für diese Operation haben, kann auch ein Stück des Schienbeinknochens zur Fixation des optischen Zylinders genutzt werden. Dieser künstliche Zylinder wird Tibia-corticalis-Keratoprothese genannt.
Der künstliche Sichtkanal der Keratoprothese wird in bzw. auf die Hornhaut des erkrankten Auges eingesetzt. Sind Nervenzellschicht und Sehnerv des erkrankten Auges intakt, kann der Patient nach der Operation in der Regel wieder mit einem guten Sehvermögen rechnen, das über lange Zeit erhalten bleibt. Einmal eingesetzte Prothesen bleiben 20 bis 30 Jahre funktionstüchtig.
Prof. h. c. Dr. Konrad Hille